Resilienz als Lebenskompetenz: Über das Potential von schulischen Förderungsprogrammen und dem didaktischen Prinzip der künstlerischen Bildung im Zusammenhang mit Lebenskompetenz (Kooperationsarbeit von Vera Kunert, M.A. & Felix Wolf, M.A.)

Mit sich selbst im reinen sein, ein glückliches und zufriedenes Leben führen, wer will das nicht? Die gegenwärtige Flut an Veröffentlichungen zum Thema Glück und Lebenszufriedenheit zeigt, dass es ein großes Bedürfnis der Menschen ist, einen Weg zum persönlichen Glück zu finden. Doch wer schafft dies und wer lässt sich vielleicht zu sehr von der Suche nach Glück regieren, dass daraus wieder Unzufriedenheit resultiert? Kein Mensch kann immer glücklich sein und beinhaltet nicht ein erfülltes Leben mehr als das Streben nach Glück? Was eine positive Lebensgestaltung ausmacht ist wohl individuell unterschiedlich. Doch welche Eigenschaften und Kompetenzen sind nötig, um sein Leben bewusst gestalten und überlegt führen zu können? Was macht die Lebenskunst aus? Es gibt Menschen, die selbst nach schweren Erschütterungen oder Schicksalsschlägen wieder rasch auf die Beine kommen. Was kennzeichnet diese Menschen? Die Resilienzforschung versucht Antworten auf diese Fragen zu finden. Resilienz beschreibt das Phänomen, dass Menschen die Fähigkeit entwickeln, relativ unbeschadet mit den Folgen belastender Lebensumstände umzugehen und Bewältigungskompetenz zu entwickeln (Brohm 2007, S.149). Was trägt dazu bei, dass Menschen diese Kompetenzen entwickeln? Welche personalen und sozialen Faktoren sind nötig? Resilienz ist nicht als eine feststehende Persönlichkeitseigenschaft zu verstehen, sie stellt vielmehr eine Anzahl an Prozessen und Lebensfertigkeiten dar, die zu kompetentem Verhalten in Notsituationen beitragen. Mit Lebensfertigkeiten beschäftigt sich auch das Konzept der Lebenskompetenz. Die programmatische Förderung von Lebenskompetenz betrifft zum einen allgemeine Lebensfertigkeiten, zum anderen aber auch die Förderung einer gesunden Lebensweise sowie die Prävention von Substanzmissbrauch, Aggression, Gewalt, Angststörungen oder Depressionen.

Hier lassen sich bereits Überschneidungen der beiden Konzepte erkennen. Kann Resilienz also als Lebenskompetenz bezeichnet werden? Sind beide Konzepte gleichzusetzen oder gibt es Unterschiede und wenn ja, welche? Worin liegen die Gemeinsamkeiten? Um den aufgeworfenen Fragen auf den Grund zu gehen ist es zunächst sinnvoll und nötig, sich damit zu beschäftigen, was die Konzepte ausmacht. Was wird unter Resilienz verstanden, was unter Lebenskompetenz? Auf dieser Grundlage lassen sich dann Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausarbeiten. Interessant scheint in diesem Zusammenhang auch die Frage nach potentiellen Fördermöglichkeiten eines resilienten Verhaltes und von Lebenskompetenz. Welche Möglichkeiten der Förderung bieten sich im Schulalltag an? Neben der Vorstellung von gängigen Lebenskompetenzprogrammen werden daher im letzten Teil dieser Arbeit Überlegungen zum Potential des kunstdidaktischen Konzepts der künstlerischen Bildung für die Lebenskompetenzförderung angestellt. Ein Vergleich der Ziele dieses Konzepts mit den von der WHO definierten Lebensfähigkeiten soll hierüber Aufschluss geben.

Was versteht man unter Resilienz

Definition

Unter Resilienz versteht man die seelische Widerstandsfähigkeit eines Menschen. Der Begriff kommt aus dem Englischen und bedeutet Elastizität, Schwung, Unverwüstlichkeit (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20. März 2006). Mit dem wissenschaftlichen Begriff der Resilienz einher gehen die Begriffe Salutogenese, Hardings, Coping und Autopoesis. Die Ursprünge des Wortes “Resilienz“ sind entwicklungspsychologischer Natur. Im Jahr 1974 hat der Kinderpsychiater James Anthony das Konzept des “psychologisch unvollendeten Kindes“ entwickelt. In seinen Versuchsreihen wurden Kinder Stress und anderen Widrigkeiten ausgesetzt und waren dennoch in der Lage sich zu entwickeln (Loth 2008, S. 5). Die Pionierin im Gebiet der Resilienzforschung, Emmy Werner, beschreibt Resilienz bei den Forschungsobjekten folgendermaßen:

“… indem sie einen bemerkenswerten Grad an Widerstandsfähigkeit zeigen“ und sich trotz der erfahrenen Risiken zu “leistungsfähigen und stabilen Persönlichkeiten entwickeln.“ (Werner in Opp/Fingerle/Freytag 1999, zitiert nach Zander 2005, S.18)

Nach der Auffassung von Corinna Wustmann, ihres Zeichens Resilienzforscherin, versteht man unter Resilienz nicht nur das positive Entwicklungsergebnis, sondern nach ihrem Verständnis bietet das Phänomen Resilienz viel mehr. Dies sei jedoch an zwei Bedingungen geknüpft:

  1. Es muss “eine signifikante Bedrohung für die kindliche Entwicklung“ vorliegen und
  2.  “eine erfolgreiche Bewältigung dieser belastenden Lebensumstände“ erfolgen (Wustmann 2004, S.18)

Weiterhin unterscheidet Wustmann nach Auswertung der neusten Erkenntnisse aus der Resilienzforschung:

  1. “die positive, gesunde Entwicklung trotz andauerndem, hohem Risikostatus“, zum Beispiel bei Aufwachsen in chronischer Armut und niedrigem ökonomischen Status,
  2. “die beständige Kompetenz unter akuten Stressbedingungen“, zum Beispiel infolge elterlicherTrennung oder Scheidung,
  3. “die positive, beziehungsweise schnelle Erholung von traumatischen Erlebnissen wie Tod eines Elternteils. (Wustmann 2004, S.19)

Salutogenese

Wie schaffen es Menschen trotz enormer potentieller gesundheitsgefährdender Einflüsse gesund zu bleiben? Wie schaffen sie es, sich vor Krankheiten zu schützen und sich nach Erkrankungen wieder zu erholen? Mit diesen Fragen hat sich der israelisch-amerikanische Mediziner Aaron Antonovsky in seinen theoretischen und empirischen Forschung bereits in den siebziger Jahren beschäftigt. Antonovsky hat den Begriff Salautogenese maßgeblich geprägt. Dieser Begriff setzt sich aus dem dem lateinischen Salus (Untersetztheit, Heil, Glück) und dem griechichenGenese (Entstehung) zusammen (Bengel u.a. 2001, S. 26). Der Ausdruck Salutogenese wurde von Antonvsky kreiert, um einen Gegensatz zu dominierenden “Pathogenese“ des biomedizinischen Ansatzes und des derzeitigen Krankheitsmodells, aber auch des Risikofaktorenmodells hervorzuheben.

Für Antonovsky ist Salutogenese nicht einfach nur die genaue Kehrseite der Pathogenese. Pathogenetisch denken bedeutet, sich mit der Entstehung und Behandlung von Krankheiten zu beschäftigen, während eine salutogenetische Sichtweise sich nicht nur mit der Entstehung und Erhaltung von Gesundheit als absoluten Zustand beschäftigt, sondern Salutogenese meint, alle Menschen als mehr oder weniger gesund und gleichzeitig mehr oder weniger krank zu betrachten. Daraus leitet sich die vertiefende Frage ab: Wie wird ein Mensch mehr gesund und weniger krank (Antonovsky 1989)?

Antonovsky vergleicht die vorherrschenden Denk- und Handlungsprämissen der Medizin in einer Metapher: Die pathogentische Herangehensweise möchte Menschen mit hohem Aufwand aus einem reißenden Flussbett retten, ohne sich darüber Gedanken zu machen, wie sie da hineingeraten sind und warum sie nicht besser schwimmen können. Aus Sicht der Gesundheitserziehung hingegen springen Menschen aus eigenem Willen in den Fluss und weigern sich gleichzeitig, das Schwimmen zu lernen (Bengel u.a. 2001, S.26). Antonovsky benutzt eine andere Version dieser Metapher um die Salutogenese zu beschreiben:

“… meine fundamentale philosophische Annahme ist, dass der Fluss der Strom des Lebens ist. Niemand geht sicher am Ufer Entlang. Darüber hinaus ist für mich klar, dass ein Großteil des Flusses sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinn verschmutzt ist. Es gibt Gabelungen im Fluss, die zu leichten Strömungen oder gefährlichen Stromschnellen und Strudel führen. Meine Arbeit ist der Auseinandersetzung mit folgender Frage gewidmet: Wie wird man, wo immer man sich im Fluss befindet, dessen Natur von historischen, soziokulturellen und physikalischen Umweltbedingungen bestimmt wird, ein guter Schwimmer?“ (http://www.soziale-arbeit-forscht.de/dokumente/kohaerenzgefuehl.pdf)

Zentrale Aspekte im Modell der Salutogenese sind in Abgrenzung zur Pathogenese folgende (vgl. Antonovsky 1997, 22 ff.):

  • Kontinuum vs. Dichotomie
    Kein Mensch ist gänzlich gesund oder krank – vielmehr geht Antonovsky von einem
    Kontinuum mit den Polen gesund und krank aus.
  • Gesundheitsfaktoren vs. Risikofaktoren
    Eine salutogene Orientierung erfasst nicht nur die Risikofaktoren sondern beschäftigt
    sich auch mit positiven Wirkfaktoren, die im pathogenen Modell nicht thematisiert werden.
  • Heterostase vs. Homöostase:
    Systemtheoretischen Überlegungen beeinflussen Antonovskys Verständnis von Gesundheit.
    Demnach ist Gesundheit kein passiver, normaler Gleichgewichtszustand – dies hält
    er für einen grundlegenden Denkfehler der Biomedizin. Gesundheit darf nicht als Normalzustand
    gesehen werden. Angesichts der Zivilisations- leiden, psychosomatischen
    Beschwerden und chronischen Erkrankungen tendiert die Durchschnittsbevölkerung zur
    Krankheit. Gesundheit wird als Zustand verstanden, der immer wieder hergestellt werden
    muss.

Die Salutogenese lässt sich in die Tradition der Stress- und Bewältigungstheorien einordnen. Sie entstand in der Auseinandersetzung mit bestehenden Theorien, insbesondere mit der transaktionalen Konzeption von Stress nach Lazarus und Folkmann (1984). Antonovsky stimmt mit der Auffassung der Stressforschung darin überein, dass ein zu großes Maß an anhaltendem oder wiederholtem Erleben von Stresszuständen zusammen mit körperlichen Schwächen eine Gefährdung des Gesundheitszustandes mit sich bringt. Für sein Modell präzisiert er die Definition von „Stress“. Für Antonovsky unterteilt sich dieser Begriff in Stressoren, Spannungs- und Stresszustände. Stressoren definiert er wertneutral als “‘Herausforderungen, für die es keine unmittelbar verfügbaren oder automatisch adaptiven Reaktionen gibt.“ (Antonovsky 1997, S.43). Er geht davon aus, dass Stressoren ein unvermeidbarer und allgegenwärtiger Bestandteil der menschlichen Existenz sind. Stressoren gehören demnach zu unserer alltäglichen Lebenserfahrung und können der inneren oder äußeren Umgebung entstammen (http://www.soziale-arbeit-forscht.de/dokumente/kohaerenzgefuehl.pdf).

Wichtig ist, wie diese Stressoren vom Individuum verarbeitet werden. Auf Stressoren reagiert der Organismus mit einem Spannungszustand, welcher pathogene, neutrale oder salutogene Konsequenzen nach sich ziehen kann. Entscheidend hierbei ist das Spannungsmanagement. Wenn sich die Spannung nicht auflösen lässt, führt dies zu einem Stresssyndrom. Erfolgreiches Spannungsmanagement kann zur Auflösung und Neutralisation der Spannung führen. Im günstigsten Fall stärkt dies den Organismus des Menschen (BzgA 2001, S.33).

Kohärenzgefühl

Während seinen Studien hatte Antonovsky das selbstgesteckte Ziel herauszufinden, wie Stresszustände vermieden werden können. Dabei konzentrierte er sich auf das Zustandekommen von Spannungszuständen und die Bewältigung der Spannung. Immer mehr beschäftigte ihn die Frage, warum Menschen, auch wenn gleiche, bzw. ähnliche Widerstandsressourcen objektiv verfügbar sind, diese unterschiedlich nutzen. Als Resultat seiner Untersuchungen gelang es ihm tatsächlich eine Antwort auf dieses Phänomen zu finden. Er konnte nachweisen, dass die Qualität des Spannungsmanagements stark mit dem “Sense of coherence“, dem “Kohärenzgefühl“, korreliert. Kohärenz bedeutet Zusammenhang, Stimmigkeit. Von diesem “Gefühl“ der Stimmigkeit hängt es ab, wie gut Menschen in der Lage sind, vorhandene Ressourcen zum Erhalt ihrer Gesundheit und ihres Wohlbefindens zu aktivieren. Dabei kann das Kohärenzgefühl aber nicht mit Verarbeitungsmustern (Copingstile, Copingstrategien) gleichgesetzt werden. Vielmehr handelt es sich um ein übergeordnetes Steuerungsprinzip, welches die Auswahl und den Einsatz von Ressourcen und Strategien bestimmt. Dem Kohärenzgefühl kommt daher eine große Bedeutung zu und es wird allgemein als Herzstück der Salutogenese bezeichnet (Grabet, S. 7).

Kohärenz meint ein allgemeines Vertrauen in die Kontinuität der Person und damit überdauerndes und anpassungsfähiges Gefühl des Vertrauens, dass die eigene innere und äußere Umwelt vorhersagbar ist und dass mit großer Wahrscheinlichkeit die Dinge sich so entwickeln werden, wie man es vernünftigerweise erwarten kann. Die Theorie der zentralen Kohärenz hat ihre Wurzeln in der Gestaltpsychologie. Das Kohärenzgefühl bedeutet, Reize werden stets in ihrem Bezugssystem zu anderen Reizen und Informationen gesehen. Menschen, Objekte und Situationen werden unwillkürlich kontextgebunden und im Sinne einer zusammenhängenden Gestalt wahrgenommen. Reize, Ereignisse oder Entwicklungen werden als strukturiert, geordnet, erklärbar und vorhersehbar empfunden. Es bestehen Überschneidungen zum Gefühl der Sinnhaftigkeit und Überschaubarkeit, Machbarkeit und der Bedeutsamkeit der eigenen Person (Antonovsky 1989).

Das Kohärenzgefühl gilt als dispositionelles (anlagebedingtes aber auch erlerntes) Merkmal einer Person, um Anforderungen und Belastungen bewältigen zu können. Gemeint ist das Gefühl, die eigene Person betreffende Ereignisse verstehen zu können, mit Anforderungen umgehen zu können und dabei Sinnhaftigkeit für das eigene Leben zu empfinden. Es handelt sich dabei um eine Bewältigungsmöglichkeit die vor psychischen Störungen und Überforderungen schützt und auch die körperliche Gesundheit schützt. In den theoretischen Annahmen Antonovskys vertraut die Person darauf, dass sie über die notwendigen und geeigneten personalen und sozialen Ressourcen verfügt, um die inneren und äußeren Anforderungen bewältigen zu können. Ein gut ausgeprägtes Kohärenzgefühl geht daher mit subjektiver Gesundheit, allgemeinem Wohlbefinden, einer positiven Selbstwertschätzung und geringer Ängstlichkeit einher. Menschen mit gut ausgeprägtem Kohärenzgefühl zeigen risikovermeidendes und präventives Gesundheitsverhalten, eine größere Zufriedenheit mit der Partnerschaft, eine allgemein bessere Befindlichkeit, und eine höhere Zufriedenheit in den Sozialbeziehungen. Das Kohärenzgefühl nimmt bei Überforderungen ab, ein positives Kohärenzgefühl schützt aber auch vor Überforderungen (ebd.).

Man nimmt an, dass sich das Kohärenzgefühl in der frühen Kindheit entwickelt und etwa bis zum 30. Lebensjahr stabilisiert, mit Nachlassen der geistigen Kräfte und Verminderung der sozialen Einbindung im Alter nimmt es wieder ab. Schwere Belastungen und Traumata können aber auch später zu einer Destabilisierung führen. Ob es sich bei dem Konstrukt des Kohärenzgefühls im Rahmen des Salutogenesekonzeptes tatsächlich um ein sinnvolles eigenständiges Konstrukt handelt oder lediglich um ein inverses Maß für negative Affektivität, ist strittig. Nicht zuletzt erweist sich auch eine klare Abgrenzung des Kohärenzgefühls von anderen inhaltlich verwandten Konstrukten, wie Kontrollüberzeugung, Selbstwirksamkeitserwartung, Optimismus, Hardiness oder Resilienz als schwierig (vgl. Antonovsky u.a. 1997).

Antonovsky selbst definierte das Kohärenzgefühl folgendermaßen: Das Kohärenzgefühl ist eine globale Orientierung, die ausdrückt, in welchem Ausmaß man ein durchdringendes, andauerndes und dennoch dynamisches Gefühl des Vertrauens hat, dass:

  1. die Stimuli, die sich im Verlauf des Lebens aus der Inneren und äußeren Umgebung ergeben, strukturiert, vorhersehbar und erklärbar sind;
  2. einem die Ressourcen zur Verfügung stehen, um den Anforderungen, die diese Stimuli stellen, zu begegnen;
  3. diese Anforderungen Herausforderungen sind, die Anstrengung und Engagement lohnen (Antonovsky 1997, S. 36)

Eigenschaften von resilienten Personen

“Grundeigenschaften eines psychisch stabilen Menschen: Selbstvertrauen. Den Willen, das eigene Leben zu gestalten. Die Bereitschaft, Entscheidungen zu treffen.  Die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen. Lust an der Herausforderung und Lust am Erfolg. Und Ziele, die das Leben sinnvoll erscheinen lassen.“ (Thimm, 2009)

Auch die Eigenschaften resilienter Personen stützen sich auf die sieben Säulen der Resilienz (http://www.psychotherapiepraxis.at/artikel/gesundheit/resilienz.phtml):

  • Selbstbewusstsein:
    Resiliente Menschen glauben an die eigenen Kompetenzen. Sie werden aktiv statt zu
    jammern und damit in eine Opferrolle zu verfallen, und sie vertrauen ihren Fähigkeiten,
    über kurz oder lang Problemlösungen zu finden.
  • Kontaktfreude:
    Resiliente Menschen kommunizieren gern. Sie lösen Schwierigkeiten bevorzugt gemeinsam
    mit anderen Menschen statt im Alleingang und suchen sich dafür passende Partner
    aus. Ihren häufig gut entwickelten sozialen Fertigkeiten versetzen sie in die Lage, gute
    und lang anhaltende Beziehungen aufzubauen.
  • Gefühlsstabilität:
    Resiliente Menschen verfügen über gute Fertigkeiten, ihre Emotionen und gedanklichen
    Muster zu analysieren. Dadurch können sie die eigene Gefühlswelt und ihre Reaktionen
    so steuern, dass sie hohe Belastungen nicht nur als Stress, sondern auch als Herausforderung
    empfinden, wodurch sie in der Regel handlungsfähiger als andere bleiben.
  • Optimismus:
    Eine Grundüberzeugung hinsichtlich positiver Möglichkeiten, die selbst in schwierigen
    Lebenssituationen stecken, ist eine integrale Voraussetzung für Widerstandsfähigkeit.
    Man wird von resilienten Menschen deshalb in schwierigen Situationen nur selten negative
    Verallgemeinerungen hören, sondern eher hoffnungsvolle Formulierungen wie “Diesmal
    hatte ich keinen Erfolg, nächstes Mal schon.“
  • Handlungskontrolle:
    Resiliente Menschen sind alles andere als impulsiv, sondern vielmehr in der Lage, auf
    die unterschiedlichsten Lebenssituationen kontrolliert und überlegt zu reagieren. Dazu
    gehört auch die Fähigkeit, sofortige Belohnungen zugunsten eines höheren Ziels in der
    Zukunft aufzuschieben – im Fachjargon heißt das Gratifikationsverzicht. Diese Kontrolle
    ist zugleich eine wichtige Komponente der emotionalen Intelligenz (EQ).
  • Realismus
    Resiliente Menschen denken langfristig und entwickeln für sich realistische Ziele. Dadurch
    werden sie von vorübergehenden Krisen im Leben – etwa Trennungen, dem Tod
    der Eltern oder bei beruflichen Problemen – nicht so leicht aus dem Gleichgewicht geworfen.
    Da sie eine längere Perspektive im Kopf haben, stabilisiert sich ihr emotionaler
    Zustand zumeist rascher wieder.
  • Analysestärke
    Resiliente Menschen sind in der Lage, kreativ zu denken und sich leichter von eingefahrenen
    Denkpfaden zu lösen. Ihre Fähigkeit, die Ursachen von Krisen zu identifizieren,
    zu analysieren und damit zukunftsorientiert umzugehen, ermöglicht ihnen, adäquate
    Lösungen zu entwickeln. Und wenn sie dazu einmal nicht selbst in der Lage sein sollten,
    holen sie sich pragmatisch Hilfe

Kinder sind, im Gegensatz zu Erwachsenen, anders gestrickt und daher von ihren Merkmalen unterschiedlich zu bewerten. Beispielsweise lässt es sich nicht umgehen, eine biografische Komponente bei den Resilienzeigenschaften zu berücksichtigen. Kinder, die in Armut aufwachsen, leben unter erschwerten Bedingungen. Sie sind mehr Risikien und Frustrationen ausgesetzt als ihre besser gestellten Altersgenossen. Folgen davon sind unter anderem schlechtere Schulleistungen, häufigere kriminelle Auffälligkeit oder Drogenabhängigkeit und häufigeres Auftreten von Erkrankungen, wie zum Beispiel ADS (bei Kindern und Erwachsenen) oder Schizophrenie (bei Erwachsenen). In aktuellen Forschungen untersuchte Kinder, die in großer Armut aufwuchsen kam man zu dem Ergebnis, dass bei ungefähr Zweidrittel aller arm aufgewachsenen Kinder im Erwachsenenalter große Probleme bestanden. Das Drittel, auf das sich die Armut in dieser Untersuchung nicht ausgewirkt hatte, wurde als resilient bezeichnet (http://therapiedschungel.ch/content/themenseiten_Begriffsklaerungen_Resilienz.htm).

Doch welches sind nun die Eigenschaften, die resiliente Personen, in diesem Fall Kinder, aufweisen? Im Bezug auf die sieben Säulen der Resilienz lässt sich herleiten, dass Kinder, die besondern resilient sind hohe Intelligenz, gelassene Persönlichkeit, Anpassungsfähigkeit aufzeigen. Zudem haben sie eine sehr enge Beziehung zu mindestens einem Elternteil. Häufig haben diese Kinder auch eine enge Beziehung oder gar Bindung zu einem Erwachsenen neben den Eltern. Dies können Verwandte, Lehrer, Trainer, Geistliche oder Freunde der Eltern sein.

Wiederstandfähige Kinder sehen Problemlagen an erster Stelle als eine Herausforderung, an der sie nicht zerbrechen müssen, sondern an der sie lernen und wachsen können für ähnliche zukünftige Vorkommnisse. Sie weisen somit ein enormes Selbstwertgefühl und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen auf. Des Weiteren sind für sie schwierige Lebenslagen oder gar Niederlagen nur vorübergehend beeinträchtigend, da sie davon ausgehen, dass es einen Zeitpunkt geben wird, an dem sich dies ändert und zum Positiven wendet. Sie glauben an dieser Stelle zu wissen, was zu tun ist. Das schließt mit ein, dass sie in der Lage sind, sich aktiv um Hilfe zu bemühen und sich mit ihren Problemen und Bedürfnissen an Bezugspersonen oder andere Ansprechpartner wenden können, womit ein aktives Bewältigungsverhalten gemeint ist.

Durch ihre Kontaktfähigkeit und Sozialkompetenz suchen sie das Gespräch bei Personen, die ihnen empathisch und unterstützend entgegenkommen sowie ihre Stärken erkennen. Sie haben gelernt Gefühle zu zeigen, beziehungsweise auch auszudrücken und besitzen Fähigkeiten um sich selbst zu regulieren. Eine weitere grundlegende Eigenschaft dieser Kinder ist, dass sie stets optimistisch denken und zuversichtlich ihrem weiteren Leben entgegen sehen. Sie schaffen es ihre Kraft für das einzusetzen, was ihnen und für ihre weitere Lebenserfüllung von Bedeutung ist. Demzufolge wissen sie auch, wo sie Belastungen empfinden und wo ihre Stärken die eigenen Handlungen positiv in den Vordergrund stellen. Sie besitzen adäquate Fähigkeiten, um Probleme konstruktiv zu lösen und Entscheidungen zu treffen. Solch resiliente Kinder verfügen über gute Selbstwirksamkeitsüberzeugungen und können sich realistische machbare Aufgaben setzen, da sie die Wirkung ihres Handelns kennen und dies somit steuern können (Zimmer 2005, S. 39 ff.).

Was versteht man unter Lebenskompetenz?

Unter Lebenskompetenz versteht man ein psychosoziales Set an Fähigkeiten, die es einer Person ermöglichen, mit Anforderungen und Schwierigkeiten unter Rückgriff auf erworbene Fähigkeiten, produktiv und konstruktiv umzugehen. Sie bezeichnet also die „Fähigkeit von Menschen erworbene (Lebens-) Fähigkeiten und soziale Regeln sowie Wissensbestände sachund situationsgerecht sowie zum richtigen Zeitpunkt zum Erreichen eines Ziels einzusetzen“ (BZgA 2005, S. 16).

Die Lebenskompetenz beruht auf einem Kanon spezifischer Fertigkeiten. Diese wurden 1994 von der WHO definiert. Dabei handelt es sich um zehn zentrale Lebensfertigkeiten, die für unseren Kulturkreis bedeutsam sind. Der Begriff Kompetenz impliziert in diesem Zusammenhang, dass man die persönlichen Voraussetzungen besitzt, um verantwortlich und selbstbestimmt zu Handeln und um die eigene Gesundheit und somit das persönliche Wohlbefinden zu erhalten oder herzustellen (vgl. BZgA, 2005, S. 16). Entsprechend der WHO-Definition bezieht sich die Lebenskompetenz auf unterschiedliche Fähigkeitsbereiche. Diese betreffen die Wahrnehmung, sowohl der eigenen Person als auch fremder Personen, das Denken, den Umgang mit Entscheidungen und Problemen, zwischenmenschliche Aspekte und das Bewältigungsverhalten.

Zunächst ist die Selbstwahrnehmung zu nennen. Hierbei handelt es sich um die Fähigkeit, die eigene Person mitsamt der spezifischen Schwächen, Stärken, Wünsche und Abneigungen zu erkennen. Das Vertrautsein mit den eigenen Charaktereigenschaften kann helfen Stressreaktionen zu erkennen und ist häufig Grundlage für eine effektive Kommunikation (vgl. BZgA, S. 16).

Gerade im Bezug auf interpersonale Beziehungen spielt die Empathiefähigkeit eine weitere zentrale Rolle. Hierunter ist die Fähigkeit zu verstehen, sich in andere Personen oder auch fremde Situationen hineinversetzen zu können (vgl. BZgA, S.16).

Was den kognitiven Bereich betrifft, so wird im Zusammenhang mit Lebenskompetenz von der Fähigkeit kreativ und kritisch zu denken gesprochen. Das kreative Denken ermöglicht es, den eigenen Erfahrungshorizont zu überschreiten und kann somit dazu beitragen, Alltagssituationen angemessen und flexibel zu bewältigen. Das Kritische Denken bezieht sich hingegen auf die Fähigkeit Informationen und Erfahrungen objektiv zu analysieren. Zudem hilft es „Einflussfaktoren auf unser Verhalten zu erkennen und einzuschätzen (BZgA S.17). Diese spezifischen Arten des Denkens erleichtern zudem die Fähigkeit angemessene Entscheidungen zu treffen und Probleme effektiv zu lösen. Dabei handelt es sich wiederum um zwei Lebensfähigkeiten auf denen Lebenskompetenz beruht.

Die Fähigkeit Entscheidungen zu treffen ist notwendig um konstruktiv mit Entscheidungsprozessen umzugehen. Auch die Problemlösefähigkeit zielt in diese Richtung, denn der konstruktive Umgang mit Problemen befreit von psychischem Stress und möglichen, davon hervorgerufenen, körperlichen Belastungen. Hilfreich sind in diesem Zusammenhang systematische Problemlösestrategien (ebd.).

Bezüglich der zwischenmenschlichen Interaktion ist eine effektive Kommunikationsfähigkeit von zentraler Bedeutung. Dabei handelt es sich um die Fähigkeit, sich entsprechend der Situation sowohl verbal als auch nonverbal auszudrücken. Dies bezieht sowohl das Äußern von Meinungen, Wünschen, Ängsten und Bedürfnissen mit ein, als auch die Fähigkeit wenn nötig um Rat und Hilfe zu bitten (ebd.).

Eng mit diesem Aspekt hängt die interpersonale Beziehungsfähigkeit zusammen. Die Fähigkeit Freundschaften zu schließen und zu erhalten ist von großer Wichtigkeit für das psychische und soziale Wohlbefinden (ebd.)

Das Bewusstwerden der eigenen Gefühle, sowie der anderer, aber auch zu erkennen, wie Gefühle das Verhalten beeinflussen und angemessen mit diesen umzugehen, sind zentrale Aspekte der Gefühlsbewältigung.

Die Stressbewältigung ist schließlich ein letzter Aspekt der Lebenskompetenz. Sie impliziert das Erkennen von Stressursachen und Auswirkungen, sowie das Beherrschen von Strategien zur Kontrolle des Stressniveaus, wie beispielsweise bewusste Entspannung.

In welchem Bezug steht dieses Konzept nun zur Resilienz? Welche Überschneidungen und Gemeinsamkeiten gibt es und worin liegen die Unterschiede?

In welchem Zusammenhang stehen Resilienz und Lebenskompetenz

Im Grunde geht es sowohl im Konzept der Resilienz als auch dem der Lebenskompetenz um das Ziel einer positiven Lebensgestaltung. Die Konzepte sind sie eng miteinander verbunden. Gleichwohl sind sie nicht deckungsgleich. Eine Gemeinsamkeit der Konzepte ist, dass sie nicht als feststehende Größe angesehen werden, die man besitzt oder nicht. Vielmehr gleicht ihr Erwerb einem Prozess. Resilienz wird in einem Prozess und langfristiger Bewegung erworben (Boss, 2006, S. 72). Sie bezeichnet somit keine “spezifische Immunität gegenüber negativen Lebensereignissen und psychischen Störungen, sondern [ist] ein Konstrukt, das über Zeit und Situation hinweg variieren kann“ (Brohm, 2009, S. 150). So können beispielsweise Menschen, die in ihrer Kindheit keinen kompetenten Umgang mit Schwierigkeiten an den Tag legten noch im Erwachsenenalter Resilienz entwickeln und Fertigkeiten erwerben, die sie zu lebenskompetenten Menschen machen (ebd. S.151). Auch bei der Lebenskompetenz impliziert beispielsweise die Tatsache, dass Programme zu ihrer Förderung angeboten werden, dass es sich um Fähigkeiten handelt, die erworben werden können.

Vergleicht man die Eigenschaften, die resilienten Personen zugeschrieben werden, mit den Lebensfertigkeiten, die im Zusammenhang mit Lebenskompetenz stehen, so lassen sich auch hier Parallelen erkennen. Sowohl im Konzept der Resilienz als auch in dem der Lebenskompetenz spielen ein positives Selbstkonzept, das geprägt ist von Selbstvertrauen und dem Gefühl der Selbstwirksamkeit eine wichtige Rolle. Dies setzt auch voraus, dass man seine Stärken und Schwächen kennt. Das flexible, aktive und offene Temperament, welches resilienten Personen zugeschrieben wird, ist zudem eng verknüpft mit der Fähigkeit kreativ zu denken, Probleme zu lösen und Entscheidungen zu treffen. Auch das weniger vermeidende und aktive Bewältigungsverhalten findet sein Pendant in der Fähigkeit zur Gefühls- und Stressbewältigung. Die hohe Sozialkompetenz und das Verfügen über ein großes soziales Netzwerk, das auch das Vorhandensein fester emotionaler Bezugspersonen mit einschließt, deckt sich mit der interpersonalen Beziehungsfähigkeit und der Fähigkeit seine Wünsche, Bedürfnisse und Ängste zu äußern, also effektiv zu kommunizieren (Buchmann, 2003, S. 22-41 und BZgA 2005, S. 16-19).

Hierbei wird deutlich, dass das Selbst, also die Psyche und der Geist, sowohl im Prozess der Resilienzentwicklung als auch dem des Lebenskompetenzerwerbs im Fokus stehen. Dennoch sind neben personalen Faktoren auch soziale Bedingungen von Bedeutung. Die Aspekte der interpersonalen Beziehungsfähigkeit (BZgA S.17). das Verfügen über ein großes soziales Netzwerk sowie über feste emotionale Beziehungen und Bezugspersonen innerhalb und außerhalb der Familie (Holtz 2006, S. 3; Brohm 2009, S. 152) machen dies deutlich.

Bei der Lebenskompetenz handelt es sich im Unterschied zur Resilienz jedoch um einen spezifischen Kanon an Fähigkeiten die als Werkzeugpool und Ressource für Handlungsoptionen angesehen werden können (BZgA 2005, S. 18). Diese wiederum sind auf die Resilienz anwendbar. Resilienz hingegen bezeichnet die Fähigkeit Probleme zu bewältigen. Sie steht also im Bezug zu Ereignissen, Situationen und Umständen, die das Subjekt beeinträchtigen können und worauf es in einer bestimmten Weise reagiert. Resilienz ist daher eher eine psychische Einstellung, die eine protektive Wirkung besitzt. Ob eine bestimmte positive Entwicklung bei einem Kind jedoch als Zeichen von Resilienz angesehen werden kann ist daher abhängig von den Lebensumständen und der Lebensgeschichte des Kindes (Göppel 2007, S. 258). Die im Zuge dessen eingeleiteten Maßnahmen, wie beispielsweise die Einführung des achtklassigen Gymnasiums oder die Formulierung einheitlicher Bildungsstandards, zeigten leichte Erfolge in der Verbesserung der Platzierungen der deutschen Schüler (ebd. S.255). Es wird jedoch auch deutlich, dass hier eine Engführung bezüglich dessen, was im Kontext von Bildung als wichtig erachtet wird, stattfindet. Die Aspekte, die in der PISA-Studie gemessen werden, sind formale und instrumentelle Kompetenzen. Diese sind zwar nützlich und notwendig, fokussieren aber nur einen Teil der Bildung (ebd. S.253).

Hartmut von Hentig übt an dieser einseitigen Ausrichtung Kritik. Er hebt hervor, dass der Schule neben der Vermittlung formalen Wissens eine weitere elementare Aufgabe zukommt. Sie hat die Pflicht, den SchülerInnen Unterstützung und Anregung zukommen zu lassen:

“in der Entfaltung und Verfeinerung ihres Wahrnehmungs- und Gestaltungsvermögens; in der Beobachtung und Beachtung ihrer Mitmenschen, der zwischen ihnen waltenden bekömmlichen Regeln, ihres eigenen politischen Verhaltens, des Gemeinwohls; in der Ausbildung eines Bewusstseins ihrer Herkunft, den Bedingungen und Bedingtheiten ihrer Lebensweise; beim Vordringen zu und beim verständigen Umgang mit ´letzten Fragen´.“ (Hartmut von Hentig, zitiert nach Göppel, 2007, S. 253 ff.)

Dies sind Aspekte, die auch im Bereich der Kunstpädagogik diskutiert werden. Der Kunstpädagoge und Mitbegründer des kunstdidaktischen Konzepts der künstlerischen Bildung, Carl- Peter Buschkühle, beschrieb 2003 die Reformbemühungen der Bildungspolitik folgendermaßen: “Eine Intensivierung der Ausbildung in den kognitiven Bereichen sowie eine Verschärfung der Überprüfungen ist die prägnanteste bis zu diesem Zeitpunkt öffentlich gewordene Reaktion der Bildungspolitiker“ (Buschkühle 2003, S. 26). Dieses Vorgehen scheint jedoch paradox, waren doch die in den Studien am meisten vermissten Fähigkeiten unter anderem Problemlösekompetenz, das Herstellen von Zusammenhängen, Formulieren von Fragen, „Lese“-Kompetenz, Kommunikationsfähigkeit, sowie soziale und moralische Kompetenz (ebd.)

In diesem Sinne ist das Konzept der künstlerischen Bildung eine Reaktion auf die gegenwärtige, von einer linearkausalen Unterrichtsdidaktik geprägte, unterrichtliche Praxis. Die künstlerische Bildung wird somit als “Korrektiv und Ergänzung zu den in den internationalen Bildungsstudien ermittelten Ergebnissen in den gesellschaftlichen Bildungsdiskurs eingebracht.“ (Kettel 2004, S.1). Der Vertreter und Mitbegründer der künstlerische Bildung, Joachim Kettel, postuliert in diesem Zusammenhang, dass gerade künstlerische Gestaltungsprozesse ein Lern- und Übungsfeld für das Entwickeln neuer „individueller Möglichkeiten der Subjektbildung“ sowie der “Selbst- und Weltkonstruktion“ ermöglichen (ebd.). Doch wie kann ein solcher Prozess der Persönlichkeitsbildung und -entwicklung ausgelöst und unterstützt werden?

Lebenskompetenzprogramme (Auswahl)

Programm für die Grundschule

Klasse2000 ist das in Deutschland am weitesten verbreitete und wachstumsstärkste Unterrichtsprogramm zur Gesundheitsförderung, Sucht- und Gewaltvorbeugung (Primärprävention) in der Grundschule. Klasse2000 basiert auf der Prämisse, dass eine breit angelegte Förderung der Persönlichkeit und der so genannten „Lebenskompetenzen“ die beste Vorbeugung aller möglichen Formen süchtigen Verhaltens ist. Das Programm beginnt in der ersten Jahrgangsstufe der Grundschule und begleitet die Kinder bis zur vierten Klasse. Idee und Konzept von Klasse2000 wurden 1991 am Institut für Präventive Pneumologie des Klinikums Nürnberg von einem Expertengremium aus Pädagogik, Medizin, Psychologie, Ernährung und Sport entwickelt. Ausgangpunkt und Motivation für die Entwicklung und Verbreitung des Programms war die tägliche Konfrontation mit schweren tabakbedingten Erkrankungen in der Klinik für Lungenheilkunde. Nach wie vor sterben jährlich weit über 100.000 Menschen in Deutschland an diesen Folgen des Rauchens. Im Schuljahr 1991/92 begann das Programm mit 234 teilnehmenden Klassen. Seitdem konnte das Unterrichtsprogramm stetig wachsen und hat inzwischen über 370.000 Kinder erreicht. Im Schuljahr 2006/2007 nehmen bundesweit über 240.000 Kinder aus ca. 10.100 Klassen teil. In Baden-Württemberg konnten 1996/97 erstmals zwölf Klassen aus dem Rhein-Neckar-Kreis am Klasse2000-Programm teilnehmen. In den vergangenen zehn Jahren hat sich Baden- Württemberg zu einem der regionalen Schwerpunkte von Klasse2000 entwickelt: im Schuljahr 2006/07 nehmen circa 1.250 Klassen mit über 30.000 Kindern daran teil (www.schule-bw.de/…grundschule/I22_4_Lebenskompetenz_1.pdf).

Programme für die Sekundarstufe

In der Sekundarstufe haben laut Bildungsplan 2004 Lepenskopetenzprogramme einen festen Platz im Unterrichtsalltag erhalten. Allem Voran Suchtpräventioinsprogramme. Mit der Formulierung von Bildungsstandards, die ein Kerncurriculum enthalten, und dem Auftrag an die Schulen ihr eigenes Schulcurriculum zu gestalten, erfolgt die Steuerung des Bildungswesens nicht mehr primär über detaillierte Vorgaben, sondern über die Evaluation von Unterrichtsergebnissen, die an Bildungsstandards orientiert sind. Dabei eröffnet der Bildungsplan den Schulen und Lehrkräften vielfältige Gestaltungsspielräume innerhalb des eigenen Schulcurriculums. Die neuen Bildungspläne enthalten nicht wie bisher lediglich Vorgaben in Bezug auf Wissensinhalte. Die Bildungsstandards mit Kerncurriculum beschreiben Kompetenzen und Kenntnisse der Schülerinnen und Schüler in personaler, sozialer, methodischer und fachlicher Hinsicht am En- de verschiedener Abschnitte ihrer Schullaufbahn (im Gymnasium z. B. in Klasse sechs, acht, und zehn. Damit sind die neuen Bildungspläne zu einem Präventionsprogramm geworden. Dass Suchtvorbeugung Aufgabe jeder Lehrkraft ist, wie es die zitierte Verwaltungsvorschrift “Suchtprävention in der Schule“ fordert, wird in den neuen Bildungsplänen damit deutlich hervorgehoben (vgl. Bildungsplan Baden-Württemberg 2004).

“Eigenständig werden“ ist ein Programm zur Persönlichkeitsentwicklung, Gesundheitsförderung, Förderung der Lebenskompetenzen, Sucht- und Gewaltprävention in der Schule. Eine Vielzahl von Studien hat belegt, dass Programme zur Primärprävention des Substanzmissbrauchs so früh wie möglich ansetzen und die Zielgruppe von Kindern im Altersbereich unter10 Jahren berücksichtigen sollten. Die Programme sollten außerdem langfristig angelegt sein (Künzel- Böhmer, Bühringer Janik-Konecny, 1993), um die Kinder möglichst nachhaltig fördern zu können. Bei der Konzeption des Programms „Eigenständig werden“ wurden diese Empfehlungen berücksichtigt. “Eigenständig werden“ basiert auf dem Ansatz der Förderung von Lebenskompetenzen (der auch als Persönlichkeitsförderung bezeichnet werden kann), das heisst. dass soziale und persönliche Fertigkeiten der Kinder gestärkt werden. Selbstbewusste Kinder, die eine positive Einstellung zu sich selbst und ihren Kompetenzen haben, die gelernt haben, Konflikte konstruktiv und gewaltfrei zu lösen, die ihre Gefühle und Bedürfnisse richtig einschätzen und verbalisieren können und es schaffen, sich negativem Gruppendruck zu widersetzen, können sich bewusst gegen Drogen und für eine gesunde Lebensweise entscheiden. Die Lebenskompetenzen wurden in Anlehnung an die WHO (1994) definiert und umfassen die vier Dimensionen (www.schule-bw.de/lehrkraefte/beratung/suchtvorbeugung/…/gesamt.pdf):

  1.  Selbstwahrnehmung, Empathie
  2. Kommunikation, Selbstbehauptung
  3. Umgang mit Stress und negativen Emotionen
  4. Problemlösen, kreatives und kritisches Denken

Die Trennung der Dimensionen ist aus Gründen der Darstellbarkeit nützlich, in der Praxis sind sie jedoch eng miteinander verwoben und bedingen oder beinhalten sich gegenseitig. Darüber hinaus gehört auch die Informationsvermittlung zur Förderung der Persönlichkeitsentwicklung. Diese fließt in der Praxis immer wieder in die verschiedenen Kompetenzbereiche ein. Präventive Maßnahmen, die auf dem Ansatz der Förderung von Lebenskompetenzen aufbau- en, sollten aus einem substanzunspezifischen Anteil bestehen, der sich mit der Förderung von Kompetenzen zur allgemeinen Lebensbewältigung befasst, und einem substanzspezifischen Anteil, der seinen Schwerpunkt auf der Vermittlung von Strategien hat, die helfen, zum Beispiel Gruppendruck zum Rauchen oder Alkoholkonsum zu widerstehen. Der substanzunspezifische Anteil des Programms sollte deutlich überwiegen und die substanzspezifischen Anteile sollten darüber hinaus nicht zu früh ihre Anwendung in Präventionsprogrammen finden (Künzel- Böhmer et al., 1993). Auch “Eigenständig werden“ hat substanzspezifische und substanzunspezifische Anteile, wobei der substanzspezifische Anteil erst ab der vierten Grundschulklassen um Einsatz kommt, da dies der Zeitpunkt ist, ab dem einzelne Kinder mit dem Rauchen experimentieren (ebd.).

Das Unterrichtsprogramm “Eigenständig werden“ besteht aus insgesamt 65 Unterrichtseinheiten für Kinder der ersten bis zur sechsten Klassenstufe. Diese Unterrichtseinheiten werden durch die in der Klasse unterrichtende Lehrkraft durchgeführt. Lehrkräfte, die das Programm „Eigenständig werden“ einsetzen, sind in einer speziellen Fortbildung in das Programm eingeführt worden. Das Programm ist so konzipiert, dass eine getrennte Durchführung in den Klassenstufen 1-4 und 5-6 möglich ist, d.h. eine Umsetzung ab der fünften Klasse nicht zwingend die Teilnahme in den Klassenstufen 1-4 voraussetzt.

Potential der Lebenskompetenzprogramme

Präventionsprogramme erfreuen sich immer größerer Nachfrage. Vorteile bei Programmen, die in der Schule durchgeführt werden sind, dass sie alle Kinder und Jugendlichen wegen der Schulpflicht gleichermaßen erreichen. Die Entwicklung der sozialen und personalen Kompetenz wird zwar in jedem Unterricht gefördert, durch diese Programme erfolgt aber eine systematische und nachhaltige Förderung. Die hier beschriebenen Programme sind wissenschaftlich erfolgreich evaluiert.

Alle hier aufgeführten Programme benötigen einen schulorganisatorischen Rahmen, der gewährleistet, dass ein Zeitfenster zur Verfügung steht, um die interaktiven Übungen durchführen zu können. Dieses Zeitfenster ist je nach Programm epochal oder für das ganze Schuljahr zu gewährleisten. Weiterhin sollte bei der Durchführung folgendes beachtet werden (Bildungsserver Baden-Württemberg):

  • In welchem Jahrgang wird das Programm durchgeführt?
  • Welches Material soll verwendet werden?
  • Wie wird das Material eingesetzt?
  • Welche Kosten entstehen?
  • Sind Fortbildungsmaßnahmen für die Lehrkräfte notwendig?

Das Konzept der künstlerischen Bildung

Ein möglicher Weg, die Persönlichkeitsentwicklung der SchülerInnen zu unterstützen, kann eine Unterrichtsgestaltung sein, die Freiräume lässt. Freiräume in denen eigene Lern- und Erkundungsprozesse angestoßen werden, in dem ihnen Anerkennung und Respekt entgegen gebracht wird und der Lehrer als Bezugsperson und Unterstützer zur Seite steht. All dies sind Aspekte, die im Konzept der künstlerischen Bildung eine wesentliche Rolle spielen. Daher werden im Folgenden nun die grundlegenden Charakteristika, Ziele und Methoden der künstlerischen Bildung erläutert um anschließend Überlegungen zum Potential für die Lebenskompetenzförderung anzustellen.

Ziele der künstlerischen Bildung

“Ziel einer künstlerischen Bildung des Subjekts ist die Bildung und Erziehung zum Künstler: zu einem Subjekt, welches aufgrund seiner geistigen Beweglichkeit in der Lage ist, sich selbst und sein Leben selbstbestimmt und selbstverantwortlich zu gestalten.“ (Buschkühle 2003, S. 36)

Im Gegensatz zu dem der im realen Kunstunterricht häufig noch existierenden Ausrichtung auf rein formale Problemstellungen, die wenig Bezug zur Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen aufweisen, strebt die künstlerische Bildung eine Erweiterung an. Sie will im Hinblick auf die komplexe gesellschaftliche Realität Subjektbildung betreiben und verfolgt diesbezüglich folgende Ziele:

  • Schulung der Positionierungsfähigkeit des Einzelnen:
    Die Konfrontation mit Kunst ist immer eine Konfrontation mit Fremden. Der Prozess
    der Auseinandersetzung und die damit einhergehende Produktion eigener Assoziationen
    und Werke erfordert die Artikulation einer eigenen Sichtweise. Zudem veranlasst die
    Auseinandersetzung mit einem Gegenstand, einer Thematik oder einem Problem das
    gestaltende Subjekt zur Formulierung einer eigenen Position.
  • Schulung der geistigen Beweglichkeit und Orientierungsfähigkeit des Individuums:
    Die Auseinandersetzung mit Werken der Kunst aber auch das Produzieren eines eigenen
    Werkes regt sinnliche, intellektuelle und imaginative Prozesse an. Das Subjekt begibt
    sich in ein Wechselverhältnis von “Selbstbewegung und Selbstverortung“ (Buschkühle 2003, S. 39) und stellt
    eine Verbindung zum eigenen Erleben her.
  • Schulung der Verantwortlichkeit des Einzelnen:
    Die SchülerInnen lernen im künstlerischen Arbeiten im Sinne der künstlerischen Bildung
    eine Tätigkeit über einen längeren Zeitraum selbst zu organisieren. Dieser Prozess verläuft
    von der Planung eines Werkes über die Umsetzung der Idee bis zu Präsentation
    zu einem bestimmten Zeitpunkt. Dabei stehen dem Schüler Freiräume beim Erstellen
    der eigenen Aussage bis hin zur Wahl des Materials zur Verfügung, die er eigenverantwortlich
    gestaltet.
  • Schulung der Fähigkeit zur demokratischen Kommunikation:
    Ein wesentlicher Teil des Werkprozesses sind regelmäßige Gespräche innerhalb der Lerngruppe
    und mit der Lehrperson. In diesem Rahmen wird über die entwickelten Ideen,
    Vorstellungen, Umsetzungsmöglichkeiten und bereits begonnenen Kunstwerke gesprochen.
    Dieses Vorgehen beansprucht die Ausbildung von Kritikfähigkeit, aber auch einer
    differenzierten Wahrnehmungsleistung sowie die Fähigkeit selbstständig Aussagen formulieren
    zu können.
  • Mobilisierung der Initiative des Einzelnen:
    Die künstlerische Bildung vollzieht bewusst eine Vermischung der heterogenen Denkund
    Arbeitsfelder Kunst, Politik, Wissenschaft und Bildung. In der Umsetzung im Klassenzimmer
    ist es daher wichtig an die gesellschaftliche und soziale Realität der SchülerInnen
    anzuknüpfen. In der Auseinandersetzung mit für die Kinder und Jugendlichen
    relevanten Themen können diese durch Prozesse der Bewusstwerdung, Reflexion und intensiver
    Auseinandersetzung zur Mitgestaltung ihres Lebensumfeldes angeregt werden.
    Dabei spielt die Imagination eine bedeutende Rolle (vgl. Buschkühle 2003, S. 38 ff.).
  • Ausbildung künstlerischen Denkens:
    Übergreifendes Ziel der künstlerischen Bildung ist die Ausbildung künstlerischen Denkens.
    Dieses setzt sich aus drei wesentlichen Teilbereichen zusammen, die eng miteinander
    in Beziehung stehen: Die achtsame Wahrnehmung, die kritische Reflexion und
    die eigenständige Imagination. Die Übung der geistigen Fähigkeiten kann als wesentlich
    für die Bildung eines selbstbestimmten Subjekts angesehen werden (vgl. Buschkühle Kunstportal, S. 3).

Zusammenfassend lassen sich die Ziele der künstlerischen Bildung folgendermaßen formulieren: Ziel der künstlerischen Bildung ist es, die schöpferischen Potenzen eines jeden Schülers umfassend auszubilden. Die Schüler sollen zu einer differenzierten Wahrnehmung und der kritischen Reflexion von Zusammenhängen befähigt werden. Schließlich soll die künstlerische Bildung von der Gestaltungsarbeit aus zur Selbstbildung des einzelnen Schülers und zur Realisierung einer selbstverantwortlichen Lebensgestaltung beitragen (vgl. http://www.schroedel.de/kunstportal/bilder/forum/200711_text_Buschkuehle.pdf [Stand:22.07.2011]).

Eigenschaften der künstlerische Bildung

Das Konzept der künstlerischen Bildung hat ihre Wurzeln im Wesentlichen in drei theoretischen Auffassungen. Zum einen ist sie die logische und konsequente Umsetzung und Übertragung des erweiterten Kunstbegriffs nach Joseph Beuys in den Schulkontext. Zum anderen orientiert sie sich in ihren Methoden, Inhalten und Zielen an der Kunst (Buschkühle 2007, S. 21). Und schließlich zielt sie auf eine Lebensführung im Sinne der Lebenskunst nach Wilhelm Schmid (ebd. S.72).

Der Erweiterte Kunstbegriff

Joseph Beuys hat mit seinen Überlegungen und seinem künstlerischen Schaffen einen entscheidenden Beitrag zur Erweiterung des Kunstbegriffs geleistet. Mit dem Ausspruch, dass jeder Mensch ein Künstler sei, befreit er die Kunst aus ihrem elitären Wirkungskreis und fokussiert die schöpferische Tätigkeit jedes einzelnen Menschen. Das Wort Künstler ist hier daher nicht im traditionellen Sinne zu verstehen, sondern steht sinnbildlich für den Menschen als kreatives Wesen, das die Fähigkeit besitzt schöpferisch tätig zu werden und zwar in allen Bereichen des Lebens (Buschkühle 2007, S. 29).

Auf diesem erweiterten Kunstbegriff beruht das Konzept der künstlerischen Bildung. Dieser anthropologisch geprägte Kunstbegriff rückt das künstlerische Denken und Handeln des Menschen in den Vordergrund (ebd. S.23 ff.). Die Struktur des künstlerischen Gestaltungsprozesses führt nach Beuys vom Chaos, das durch die Konfrontation mit Neuem ausgelöst werden kann, über die Bewegung, also dem kör-perlichen und geistigen Gestaltungsprozess, zur Form, dem Kunstwerk und der Formung des Subjekts. Die Spannung, die sich aus der wechselseitigen Befruchtung von rationalem und intuitivem Denken ergibt, führt zur Ausbildung eines ganzheitlichen Denkens. Die Forderung Beuys´ nach einer Schulung des Denkens in Zusammenhängen hat Eingang in die künstlerische Bildung gefunden (ebd. S.28 ff.).

Kunstdidaktik als Kunst

Eine wesentliche Eigenschaft der künstlerischen Bildung und zugleich ein Abgrenzungskriterium zu anderen kunstdidaktischen Konzeptionen, wie beispielsweise die ästhetische Erziehung (Gunter Otto) oder die ästhetische Bildung (Gerd Selle), ist der Aspekt, dass sie sich in ihren Zielen, Inhalten und Methoden an der Kunst orientiert. Wesentlich für das Verständnis dieser Aussage ist, nicht von einem traditionellen oder eingeschränkten Kunstbegriff auszugehen (Buschkühle 2007, S. 21). Hier ist nicht die Einengung auf die Rezeption und Nachahmung künstlerischer Werke gemeint, sondern das Ableiten des künstlerischen Gestaltungsprozesses in der Schule vom Vorgehen freier Künstler. Im Gestaltungsprozess wird eine kreative Positionierung des Schülers gefordert. Ziel ist es, verantwortliche Handlungsprozesse anzuregen und durchzuführen (ebd. S.37). Somit kann künstlerisches Arbeiten als Übungsfeld kreativer Lebensführung betrachtet werden.

Lebenskunst nach Wilhelm Schmied

Anknüpfend an die Frage Michael Foucaults, ob nicht das Leben eines jeden Menschen ein Kunstwerk sein könne, begab sich Wilhelm Schmid auf die Suche nach der Lebenskunst (Schmid, 1998b, S. 1). Er unternahm den Versuch, die Aspekte der Lebenskunst konsequent zu durchdenken und somit eine erste Grundlage für eine neue Philosophie der Lebenskunst zu schaffen (Schmid, 1998, S. 9). Im Mittelpunkt seiner Auffassung von Lebenskunst steht die theoretische Reflexion des Lebens und dessen bewusste Gestaltung (ebd.).

Der Begriff Lebenskunst ist keineswegs neu, sondern tauchte im Laufe der Philosophiegeschichte häufiger auf. Die Konnotation des Begriffes hat sich jedoch geändert. Verwendeten die Stoiker den Begriff der Lebenskunst noch normativ, so weist Schmid darauf hin, dass dieser heute optativ zu verstehen sei. Lebenskunst eröffnet im Kontext der Vielfalt des Lebens Möglichkeiten und das Individuum hat in den verschiedenen Situationen seine eigene Wahl zu treffen. Zur Lebenskunst unter den Bedingungen moderner Freiheit gehört vor allem die Notwendigkeit der Selbstsorge und Selbstverantwortung des Individuums, gleichwohl braucht dieses um sich entfalten zu können auch die Gesellschaft (Schmid, 1998, S. 11).

Dennoch kommt dem Individuum gerade im gesellschaftlichen Kontext eine besondere Verantwortung zu. Unmittelbar mit der Möglichkeit das Leben reflektiert und bewusst zu gestalten ist die Möglichkeit der politischen Positionierung verknüpft. Eine verantwortliche Lebensgestaltung beginnt im unmittelbaren Umfeld. Daher bezieht eine selbstbestimmte fortwährende Gestaltung des Lebens und des Selbst gesellschaftliche Verantwortung und Mitgestaltung ein (Buschkühle 2007, S. 73). Dabei ist das Subjekt jedoch auch auf die Fähigkeit angewiesen, Brüche zwischen Wunsch und Wirklichkeit, zwischen dem Entworfenen und Vorhandenen anzuerkennen und mit Neuorientierungen und Umgestaltung der eigenen Biografie darauf zu reagieren, anstatt daran zu zerbrechen (ebd. S.74). Somit ist mit der Gestaltung des eigenen Lebens auch immer eine Arbeit am Selbstbild verbunden.

Das Material der Lebenskunst ist daher das Leben, “so wie es gelebt wird, vollzogen durch Akte des Lebens, die von einer relativ willkürlichen Anhäufung struktureller und kontingenter Faktoren bedingt sind“ (Schmid 1998b, S. 5). Diese können entweder von Außen herrühren oder im Subjekt selbst verankert sein. Das Material des Lebens stellt eine “amorphe Masse“ (ebd.) dar, die aus Erfahrungen, Gedanken, Gefühlen, Wünschen, Lüsten, Zwängen aber auch Schmerzen und noch vielen weiteren Aspekten besteht. Diese Masse bedarf der fortwährenden Arbeit und bewussten Gestaltung um daraus ein Kunstwerk zu machen (ebd.).

Somit kann die Gestaltung des Lebens im Sinne der Lebenskunst als Bildungsprozess verstanden werden. Denn Lebenskunst mündet in ein bewusst gestalterisches Selbst- und Weltverhältnis, welches impliziert, das Leben nicht einfach so dahingehen zulassen, sondern selbstmächtig resistent gegen Versuche der Enteignung des eigenen Lebens zu werden (Schmid, 2003, S. 51).

Die künstlerische Bildung hat sich daran anknüpfend die Aufgabe der Bildung eines selbstbestimmungsfähigen und kreativen Subjekts im Kontext der komplexen gesellschaftlichen Verhältnisse gestellt. Dieses Ziel ist eng verknüpft mit dem Erwerb und der Ausbildung von Fähigkeiten, die es den SchülerInnen erlauben, Selbstbewusstsein und das Gefühl der Selbstwirksamkeit aufzubauen (Buschkühle, 2007, S. 75).

Das künstlerische Projekt

Um eine, den oben genannten Ansprüchen gerecht werdende Unterrichtsgestaltung zu ermöglichen wurde das künstlerische Projekt entwickelt. Im künstlerischen Projekt wird Lebenskunst nicht abstrakt vermittelt, sondern “praktisch im Einüben von Arbeitsformen und Arbeitsorganisation, von Verhaltensweisen und Selbstverantwortung (Buschkühle 2007, S. 169).

Strukturelle Elemente

Das künstlerische Projekt ist die ausführende Methode der künstlerischen Bildung. Hierbei steht das Herzstück des Künstlerischen, der Werkprozess im Mittelpunkt. Die Imagination als treibende Kraft des Künstlerischen wird durch die Auseinandersetzung mit Neuem und Fremdem besonders angeregt. Daher setzt die künstlerische Bildung auf ein induktives Vorgehen, das die SchülerInnen zu eigenständigen experimentellforschenden Prozessen und Aussageformen motiviert. Aus diesem Grund zielt das strukturelle Element der Induktion darauf hin, offene Situationen zu erzeugen um vielfältige, individuelle Gestaltungswege zu ermöglichen, so kann beispielsweise als induktiver Einstieg die Konfrontation mit einem befremdlichen Material am Anfang der Stunde stehen. Diese Begegnung fordert einen experimentellen Umgang mit dem Material oder Gegenstand heraus, dessen Ausgang offen ist. Demzufolge stellt das Experiment den Ausgangspunkt für individuelle Gestaltungsprozesse dar. Charakteristisch für das künstlerische Projekt sind die Interdisziplinarität und die multiperspektivische Ausrichtung. Die behandelte Thematik wird reflektiert und zu anderen Ebenen in Bezug gestellt. Der Verlauf des Projekts, in aufeinander aufbauenden Phasen, und die Kontextualisierung mit unterschiedlichen Bedeutungszusammenhängen zeichnen dieses letzte strukturelle Element, die Kontextualität des künstlerischen Projekts, aus. Diese Struktur lässt sich auf die von Josef Beuys erdachte Abfolge von Chaos – Bewegung – Form zurückführen (Buschkühle, Kunstportal, S. 2). Wesentlich hierbei ist zudem, dass diese Abläufe in Prozessen stattfinden, die nicht linear verlaufen und vom jeweiligen Erleben des Schülers ausgehen.

Methoden

Die charakteristischen Arbeitsformen des Werkprozesses sind Recherche, Konstruktion und Transformation. Dieses Vorgehen ist an künstlerischen Denkprozessen orientiert. Im Zentrum der künstlerischen Auseinandersetzung steht die Imagination. Bei der Recherche handelt es sich um das Sammeln und Strukturieren von Material zum Thema. Im Prozess der Konstruktion werden die einzelnen Elemente der Thematik sinnstiftend miteinander Verknüpft und interpretiert. Die Transformation, also die künstlerische Gestaltung, beinhaltet die Umformung und Neuformung des Materials und damit auch die Transformation des kunstschaffenden Subjekts. Wesentlich an dieser Einteilung in Recherche, Konstruktion und Transformation ist, sie nicht als starre Reihenfolge anzusehen. Vielmehr wechseln sich die einzelnen Komponenten im Verlauf eines Projekts ständig ab und befruchten sich gegenseitig.

Der Lehrer übernimmt im künstlerischen Projekt die Rolle des Begleiters der individuellen Gestaltungsprozesse. Er gibt Impulse, bestärkt, fordert heraus. Dies macht es unabdingbar, dass der Lehrer selbst Künstler ist, denn ohne grundlegende künstlerische Erfahrungen ist es nicht möglich, die gestalterischen Prozesse der Schüler sinnvoll zu begleiten (Buschkühle 2005, S. 9).

Des Weiteren ist das “freie Spiel der Kräfte“ ein wesentlicher Aspekt der künstlerischen Bildung. Mit Spiel ist hier das Ausprobieren und Experimentieren gemeint, ein spielerischer Umgang mit Materialien, Medien und Techniken, aus dem die Kinder lernen. Im künstlerischen Projekt werden Freiräume geschaffen, in denen jedoch auch gewisse Regeln nötig sind. Mit dem “freien Spiel der Kräfte“, das innerhalb dieses Rahmens möglich ist, ist eine Art Pendelbewegung
zwischen Künstler und Gegenstand oder Werk gemeint. Der Prozess verändert oszillierend sowohl den Künstler als auch dessen Werk. Das “freie Spiel der Kräfte“ bezeichnet somit die Fähigkeit des Künstlers über den freien Einsatz all seines Denk-, Wahrnehmungsund Handlungsvermögens selbstständig zu entscheiden und dadurch sein kreatives Potenzial
auszuschöpfen (Buschkühle 1998, S. 183).

Künstlerische Bildung und Lebenskompetenz

Vergleicht man nun das Konzept der Künstlerischen Bildung mit den Ausführungen zur Lebenskompetenz, so lassen sich einige Schnittstellen erkennen. Es ist offensichtlich, dass die künstlerische Bildung und das künstlerische Projekt letztendlich über den künstlerischen Gestaltungsprozess hinaus auf eine selbstbestimmte Lebensgestaltung im Sinne einer Lebenskunst zielen und somit auch auf die Aneignung von Lebenskompetenz. Es bietet sich an, zu vergleichen, welche Zielsetzungen und Eigenschaften der künstlerischen Bildung Parallelen zu den von der WHO definierten Lebensfertigkeiten aufweisen und wie diese durch das Vorgehen im künstlerischen Projekt vielleicht sogar gefördert werden können.

Selbtswahrnehmung

“Das künstlerische Denken zielt auf die Gestaltung einer eigenen Aussage im Werk, auf die Erarbeitung einer eigenen Position zum Gegenstand in einer symbolischen Form.“ (Buschkühle 2005, S. 4).

Dabei sind eine sensible Wahrnehmung und Prozesse der Reflexion konstitutiv. Die intensive Auseinandersetzung mit einem Gegenstand, einem Problem, einem Ort oder einem Kunstwerk stehen immer in engem Bezug zum Innersten des Subjekts. Die Beschäftigung mit dem Fremden führt zur Arbeit an sich selbst. Es findet eine Art Pendelbewegung zwischen dem Werk und dem Künstler statt und in diesem kreativen Rhythmus von “Selbstbewegung und Selbstverortung“ (Buschkühle, 2007, S. 67) findet ein Erkunden der eigenen Person statt. Im Gestaltungsprozess entstehen Visionen und Vorstellungen, Wünsche und Abneigungen und man wird mit seinen eigenen Stärken und Schwächen konfrontiert. Insofern kann das künstlerische Handeln, also der reflexive und kreative Prozess von Recherche, Konstruktion und Transformation zu einer Eruierung der persönlichen Charaktereigenschaften führen und somit dazu sich selbst und seine Bedürfnisse intensiver wahrzunehmen. Der Werkprozess ist ein Prozess der Selbstwahrnehmung und Selbstreflexion (ebd., S. 170).

Empathie

“Sowohl die Hervorbringung eines eigenen Werkes als auch die Betrachtung eines Kunstwerkes konfrontieren das Individuum mit Neuem und nötigen ihm die Verschiebung seiner Perspektiven, die Entwicklung des ´fremden Blicks´ ab.“ (Buschkühle, 2007, S. 66).

Entsprechend dieser Aussage kann die Auseinandersetzung mit Kunst, sowohl in der eigenen Gestaltung als auch in der Rezeption dazu beitragen, sich in fremde Perspektiven hineinzuversetzen und sie im Prozess einer intensiven Auseinandersetzung nachzuvollziehen. Denn ein bedeutsamer Aspekt der Kunst ist, dass sie uns zwingt, aus dem Gewohnten herauszutreten und neue Sichtweisen zu erproben (ebd. S.66 ff.). Daneben ist ein wesentlicher Teil des künstlerischen Projekts die kontinuierliche Kommunikation mit Mitschülern und Lehrenden. In dieser kommunikativen Auseinandersetzung lernen die Schüler im Gespräch über ihre eigenen Gedanken, Wünsche und Kunstwerke die eigene Position zu vertreten aber auch mit Kritik umzugehen und sich in die Situation der Mitschüler hineinzuversetzen.

Kreatives und kritisches Denken

Ein wesentliches Ziel der künstlerischen Bildung ist die Ausbildung des künstlerischen Denkens. Dabei sind eine achtsame Wahrnehmung, die kritische Reflexion und die eigenständige Imagination von besonderer Wichtigkeit (Buschkühle, Kunstportal, S. 3). Die Ausbildung einer differenzierten Wahrnehmung kann als Grundlage kreativen und kritischen Denkens angesehen werden. Das Kritische und die Imagination gehen im Prozess des Denkens eine fruchtbare Wechselbeziehung ein. Rationales und intuitives Denken stehen laut Beuys in einer polaren Spannung und wechselseitigen Befruchtung. In ihrem Zusammenspiel führen sie zu einem ganzheitlichen Denken und dem Denken in Zusammenhängen (Buschkühle 2007, S. 29). Demnach ist beides notwendig, das kreative über den Erfahrungshorizont hinausreichende Denken, als ach das analytisch, rationale.

Fähigkeit Entscheidungen zu treffen und Problemlösefähigkeit

Die Offenheit bezüglich des Themas, des Materials und der Art der Gestaltung impliziert und fördert die Fähigkeit Entscheidungen zu treffen. Die Schüler übernehmen Verantwortung und organisieren ihren Lernprozess mit Unterstützung des Lehrers weitestgehend selbst. Dabei geraten sie immer wieder in Situationen, in denen sie Entscheidungen treffen müssen, sei dies bezüglich der Themenwahl, des Materials oder der Umsetzung. Zudem ist im freien Spiel der Kräfte das die individuellen Denk-, Wahrnehmungs- und Handlungsvermögen mobilisiert das Treffen von Entscheidungen von großer Wichtigkeit. Der ästhetisch-künstlerische Gestaltungsprozess ist zudem nie frei von Konflikten und Widersprüchen. Daher sind die SchülerInnen immer wieder vor die Herausforderung gestellt, eigene Problemlösungen zu entwickeln, die nicht vom Lehrer vorgegeben werden. Die Motivation sich in einen solchen Problemlösungsprozess zu geben scheint umso größer, wenn die Thematik vom Interessenshorizont der SchülerInnen
ausgeht.

Effektive Kommunikation und Interpersonale Beziehungsfähigkeit

Unterricht im Sinne des künstlerischen Projekts eröffnet unterschiedliche Interaktionsformen. Die Öffnung des Unterrichts hinsichtlich des Inhalts, der Methode und der Sozialform führt zu neuen Formen der Kommunikation und sozialen Beziehungen. In ihrer selbstorganisierten künstlerischen Auseinandersetzung sind die SchülerInnen jedoch nicht auf sich allein gestellt. Der Lehrer steht jederzeit als Berater zur Verfügung. Diese Konstellation setzt voraus, dass die SchülerInnen dazu fähig sind, in schwierigen Situationen um Hilfe zu bitten. Auch die Interaktion mir den Mitschülern erfährt eine andere Qualität. Die SchülerInnen können sich gegenseitig unterstützen und Tipps geben oder lernen in gemeinsamen Projekten fair miteinander umzugehen. Das gemeinsame Arbeiten an einer Idee kann auch dazu beitragen, dass sich neue Beziehungen und ein wertschätzender Umgang zwischen den SchülerInnen einstellen. Daher ist die demokratische Kommunikation ein wesentliches Ziel der künstlerischen Bildung. Sie wird durch gemeinsame Werk- oder Zwischenbesprechungen geschult.

Gefühlsbewältigung und Stressbewältigung

Der künstlerische Gestaltungsvorgang ist ein Prozess, der die gesamte Körperlichkeit des Menschen beansprucht. Das freien Spiel der Kräfte und deren mitunter konfliktreiches Zusammenwirken ist in der Körperlichkeit verankert. In diesem Spannungsfeld, das sich aus einer Vielzahl von Differenzen ergibt, wie beispielsweise der zwischen Selbsterfahrung und Erfahrung des Fremden, können sich auch Gefühle der Ohnmacht oder Ziellosigkeit ergeben, die zu Stresssymptomen führen können. Doch erst in der Beschäftigung mit dem Fremden und in der intensiven Auseinandersetzung mit unbestimmten Situationen bekommt das Subjekt Gelegenheit zur Arbeit an sich selbst. Diese Arbeit an sich selbst schließt auch das Durchleben von unangenehmen Gefühlen sowie das Arbeiten an Lösungen mit ein. Daher ist es auch eine wesentliche Aufgabe des Lehrers, die SchülerInnen in solch einer Phase zu unterstützen und ihnen Möglichkeiten an die Hand zu geben um diese zu bewältigen.

Der Prozesscharakter, die Offenheit, der Freiraum im Gestalten und das damit zusammenhängende Entdecken eigener Interessen und Problemlagen, sowie das Finden von Lösungen, zielen auf eine umfassende Persönlichkeitsbildung hin. Somit kann das Vorgehen im künstlerischen Projekt, durch das Auslösen eines gewissen inneren Konflikts und die Konfrontation mit der Widersprüchlichkeit ästhetisch-künstlerischer Erfahrungen, sowohl die leiblichen als auch die seelischen und geistigen Kräfte und Fähigkeiten des Subjekts aktivieren (Kettel 2004, S.2). Das freie Spiel der Kräfte in der Kunst verbürgt zwar nicht zwangsläufig eine freie Praktizierung der Lebenskunst, dennoch stellen sowohl Kunst als auch die künstlerische Bildung einen Raum zur Verfügung, der Möglichkeiten der Subjektbildung offen hält und intendiert (Buschkühle 2007, S. 69).

Wesentlich an der Konzeption der künstlerischen Bildung ist, dass den Schülern das Gefühl vermittelt wird, etwas zu können, Probleme alleine bewältigen zu können und im Notfall Unterstützung zu erfahren. Zudem kann die Auseinandersetzung mit den Widersprüchen und Bruchstellen der Thematiken in besonderer Weise stärkend auf den Menschen wirken. Denn nach Quinton und Rutter sind weniger die kognitiven Lerninhalte bedeutsam für die zukünftige
Entwicklung, sondern vielmehr “das gestärkte Selbstvertrauen, das generalisierte Kompetenzgefühl, die positive Einstellung zum Lernen . . . und die damit verbundene positive Interaktion mit den Lehrenden.“ (Göppel 2007, S. 264). Somit wird der Lehrer indem er eine vertrauensvolle Beziehung zum Schüler aufbaut und gleichzeitig als Rollenmodell dient zu einer persönlich bedeutsamen Bezugsperson außerhalb der Familie.

Resumee

Die vorliegende Arbeit konnte anhand verschiedener Bereiche aufzeigen, dass Resilienz nicht nur ein Gespinst psychologisch-medizinischer Forschung ist, sondern durchaus auch Platz im Bildungswesen gefunden hat (siehe Kapitel 5). Resilienz ist eine “charakterliche“ Eigenschaft, die es anzustreben gilt. All dies geschieht unter Berücksichtigung der mit Resilienz einhergehenden Lebenskompetenzen und Psycho-charakterlichen Stärken. Diese können durch verschiedene Trainings und Lebenskompetenzprogramme erworben oder verstärkt werden.

Es konnte aufgezeigt werden, dass die künstlerische Bildung viele Parallelen zum Konzept der Lebenskompetenz aufweist. Die Unterrichtspraxis des künstlerischen Projekts ist darauf ausgerichtet den Lernenden über die Gestaltungsarbeit an einem Kunstwerk hinaus, dazu zu befähigen, sein Leben im Sinne der Lebenskunst zu gestalten. Im Zuge dessen ist die Ausbildung spezifischer Lebensfähigkeiten von entscheidender Bedeutung.

Es ist jedoch schwierig oder eventuell sogar nicht möglich, die Bewältigung von Lebensund Bildungsaufgaben auf diese Unterrichtspraxis zurück zu führen. Hier wären spezifische Studien erforderlich, die die Zusammenhänge von Unterricht im Sinne der künstlerischen Bildung und Lebenskompetenz untersuchen.

Auf rein theoretischer Basis und im Bezug auf eigene Erfahrungen scheint es jedoch möglich mit dieser Art des Unterrichts und der Vermittlung der dahinter stehenden Philosophie positive Entwicklungen anzustoßen.

Wenngleich es sich im Hinblick auf die Unterrichtsrealität um höhere Ziele und vielleicht sogar um Visionen oder Utopien handelt, erachten wir es dennoch als erstrebenswrt unterrichtliche Voraussetzungen zu schaffen, welche die Schule für die Kinder und Jugendlichen zu einem Schutzfaktor werden lässt und sie nicht wie so häufig ein Risikofaktor bleibt.

Literatur

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  3. Bengel, J., Strittmatter, R., Willmann, H. (2001): Was hält Menschen Gesund? Antonovskys Modell der Salutogenese – Diskussionsstand und Stellenwert. Köln: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
  4. Boss, P. (2008): Verlust, Trauma und Resilienz. Stuttgart: Klett-Cotta
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  8. Buschkühle, C.-P. (1998): Künstlerische Bildung des Spiels und der Erzählung. In: Kettel, Joachim/IGBK (Hrsg.): Kunst lehren? – Künstlerische Kompetenz und kunstpädagogische Prozesse – Neue subjektorientierte Ansätze in der Kunst und Kunstpädagogik in Deutschland und Europa. Stuttgart
  9. Buschkühle, C.-P. (Hrsg.) (2003): ): Perspektiven künstlerischer Bildung. Köln
  10. Buschkühle, C.-P. (2005): Zum künstlerischen Projekt. In: Kunst und Unterricht 295
  11. Buschkühle, C.-P. (2007): Die Welt als Spiel. II. Kunstpädagogik. Theorie und Praxis
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  12. Grabert, A.: Kohärenzgefühl als Bestandteil der Salutogenese und Gegenstand empirischer Sozialforschung
  13. Göppel, R. (2007): Lehrer, Schüler, Konflikte. Bad Heilbrunn
  14. Holtz, Karl Ludwig (2006): Was Kinder alles können: Kompetenz – Resilienz – Salutogeneseforschung. In: Psychotherapie im Dialog 1, 7. Jg., S. 89-93
  15. Jork, K. (2003): Das Konzept der Salutogenese- Grundsätzliche Überlegungen und Konsequenzen für eine neue Heilkunde. In: Jork, K. / Peseschkian N. (Hrsg.) Salutogenese und Positive Psychotherapie. Gesund werden – gesund bleiben. Bern
  16. Kettel, Joachim; IGBK; Landesakademie Schloss Rothenfels (Hrsg.) (2004): Künstlerische Bildung nach Pisa. Neue Wege zwischen Kunst und Bildung. Oberhausen
  17. Loth, F. (2008): Das Konzept der Resilienz, 1. Auflage (Studienarbeit). Norderstedt: GRIN Verlag
  18. Schmid, Wilhelm (1998): Philosophie der Lebenskunst. Eine Grundlegung. Frankfurt a. M.
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  20. Wustmann, C. (2004): Widerstandsfähigkeit von Kindern in Tageseinrichtungen fördern. Weinheim und Basel: Beltz Verlag
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Internetquellen:

  1. Kunstportal: Buschkühle, Carl-Peter: Bildung im künstlerischen Projekt. Ein Angebot des SCHROEDEL-Verlages: http://www.schroedel.de/kunstportal/bilder/ forum/200711_text_Buschkuehle.pdf (30.08.2011)
  2. http://www.soziale-arbeit-forscht.de/dokumente/kohaerenzgefuehl.pdf (30.08.2011)
  3. http://www.psychotherapiepraxis.at/artikel/gesundheit/resilienz.phtml (30.08.2011)
  4. http://therapiedschungel.ch/content/themenseiten_Begriffsklaerungen_Resilienz.htm (30.08.2011)
  5. www.schule-bw.de/…grundschule/I22_4_Lebenskompetenz_1.pdf (30.08.2011)
  6. www.schule-bw.de/lehrkraefte/beratung/suchtvorbeugung/…/gesamt.pdf (30.08.2011)