Computerspiele und Gewalt

Gewalt begegnet uns nicht nur in Computerspielen, sondern auch in vielen anderen Medien. Der Unterschied, den Computerspiele zu anderen Medien haben ist derjenige, dass andere Medien nur konsumiert werde, wobei man bei Computerspielen hingegen selbst aktiv werden muss. Man übernimmt meist die Titelrolle in einem Spiel oder hat eine andere leitende Funktion.

Eltern haben meist wenig oder gar keine Erfahrung mit Computerspielen. Erwachsene erachten die Computerspiele als Zeitverschwendung und haben Misstrauen. Früher hieß es oft „Computerspiele machen einsam“, heute heißt es eher „Computerspiele machen aggressiv“. Beides wurde bis heute nicht hinreichend belegt. (vgl. FEIBEL S. 22)

Unser Bild von Computersielen wird hauptsächlich von den Medien beeinflusst. In den Medien werden Computerspiele oft negativ dargestellt und missbraucht um zu zeigen wie verblödet und kriminell die Jugend ist (vgl. FEIBEL S. 22). Auch wenn über Amoktaten berichtet wird, wird oft den Computerspielen die Schuld gegeben. Für die Medien ist es auch immer sehr interessant über Amokläufer zu berichten(viele unschuldige Opfer, die Taten dauern oft lange und die Medien sind manchmal live vor Ort, wilde Schießereien

In den Medien erscheinen Kinder überwiegend mit Negativschlagzeilen (starke Konzentration auf kriminelle Jugendliche) In der „Tagesschau“ werden Kinder und Jugendliche überhaupt nicht positiv dargestellt, sie stehen oft in der Kritik. Aber: die Jugendkriminalität ist zurückgegangen. (FEIBEL S.28). Schlechte Nachrichten über Jugendliche werden dann wiederum auf den Einfluss von Computerspielen zurückgeführt (laut Öffentlichkeit) (FEIBEL S.28).

Gewalt im Spiel ein Überblick

Gewalt steckt in fast jedem Spiel: Beim Spiel „Mensch ärgere dich nicht“ wird der Sieg durch das Eliminieren des Gegners erreicht. Der  macht, wenn er kurz vor dem Ziel verliert (hinausgeworfen wird) eine große Aggressionserfahrung. Auch das Spiel Völkerball hat durchaus kriegerische Züge. Aber: Bei Cowboy-und-Indianer Spielen hatten wir keine Gewaltfantasien mit massakrierten Leibern der Opfer. Auch beim Schiffeversenken denkt niemand an Massenpanik und ausgeblähte Wasserleichen. Es war nur ein Spiel (Zeitvertreib) und vollkommen frei von Hintergedanken. Gewalt steht im Mittelpunkt des Spiels. Der Kampf gehört zum Spiel immer dazu. (Feibel S28).

Erwachsene mögen Computerspiele nicht weil sie die darin verwendeten Bilder schrecklich finden. Das ist auch der Unterschied zum Brettspiel. Auch die ersten Computersiele, die (wegen der geringen Auflösung) aus undeutlichen Strichen und Punkten bestanden (zum Beispiel Skelett aus kleinen Zacken), wurden oft kritisiert.

Was ist Gewalt? Definition?

In Abgrenzung zur Aggression wird Gewalt oft als deren extreme und sozial nicht akzeptable Form beschrieben. Diese Definition ist jedoch zu kurz da sie wichtige Merkmale der Gewalt wie Macht und Herrschaft und Schädigung der Opfer ausspart. „Gewalt ist die Manifestation (= Sichtbarmachung, Dinge die erkennbar oder sichtbar werden) von Macht und/oder Herrschaft, mit der Folge und/oder dem Ziel der Schädigung von Einzelnen oder Gruppen von Menschen“ (Teunert) Mit der Betonung der Schädigung wird der Blick auf das Opfer gerichtet. Diese Definition gilt ausschließlich für die reale Welt: es muss sich um reale Macht handeln, und die negativen Wirkungen müssen sich real in Bezug auf andere Menschen zeigen.

Wo fängt Gewalt an?

Gewalt lässt sich in jedem Spiel finden. Wenn jemand mit einem Messer erstochen wird, dann ist die Gewalt offensichtlich. [Aber nicht immer ist die Gewalt offensichtlich, wenn zB bei einem Autorennen ein Gegner aus der Bahn gedrängt wird ist es auch eine Form von Gewalt.] Es ist eine Frage des Blickwinkels: Beim Spiel Minesweeper muss man Minen umgehen, das Spiel ist dargestellt in Kästchen, zahlen und Bomben. Viele spielen das Spiel, wer aber an Kinder denkt, die echten Minen zum Opfer fielen, der wird das Spiel nicht interessant finden.

Marthias Mertens: „Es gibt keine Gewalt in Computerspielen, sondern nur Darstellung von Gewalt. Ich schieße oder prügle nicht, sondern ich manipuliere nur Pixelhaufen, deren Form auf reale Erscheinungsformen rückführbar ist, denn hier fängt die Frage an, was man als dargestellte Gewalt im Spiel bezeichnen könnte.“ Unter diesem Gesichtspunkt sind für Mertens alle Spiele gleich Gewalttätig. Egal ob Ego-Shooter oder Super Mario (Mario beseitigt seine Gegner indem er auf sie hüpft). Während Ego-Shooter als Amokläufertraining betrachtet werden gilt Super-Mario als kindgerechtes Spiel. Obwohl  man im Ego-Shooter nicht alles wahllos töten darf, während man bei Super Mario alles unterschiedslos platt macht. (Meinung von Mertens)

Je realer das politische Konfliktmuster, je personifizierbarer die Akteuere der Gegenseite, desto eher ist eine starke Identifikationsmöglichkeit des Spielers und damit ein erhöhtes Gefährdungspotential gegenüber Minderjährigen gegeben. Aus diesem Grund sollte zum Beispiel Command and Conquer indiziert werden, da dessen Inhalt geeignet ist, Jugendliche sittlich zu gefährden, da es Krieg verherrlicht und verharmlost.

Lustige Gewalt

Super Mario, aber auch Tom und Jerry, die auseinander einprügeln, zählen zur lustigen Gewalt.

Kinder können im Bezug auf lustige Gewalt zwischen Realität und Spiel unterscheiden. Die „lustige Gewalt“ ist für die meisten Erwachsenen nachvollziehbar, da sie in ihrer Kindheit selbst Tom und Jerry gesehen haben und keine negativen Auswirkungen bei sich bemerkt haben. Daher finden auch viele Eltern Super Mario oder ein Autorennen bei dem ein Gegner von der Strecke gedränt wird, nicht als gefährdend. Super-Mario als brutal anzusehen ist übertrieben. Aber: Lustige Gewalt bedeutet nicht automatisch gute Gewalt.

Sind Strategiespiele brutal?

Bei Strategiespielen wie Siedler errichtet man Dörfer und Städte, das ist das Hauptziel. Aber: Man muss auch ab und zu seine Stadt verteidigen oder den Gegner angreifen. In den meisten Strategiespielen wird die Schlacht nicht als blutig dargestellt. Zwar geht es vor allem um Rohstoffe und der Bau von Häusern, aber auch hier hat der Kampf etwas mit Gewalt zu tun, es ist Krieg.

Gewaltdarstellungen in Computerspielen: Wie kann Gewalt im Computerspielen unterschieden werden?

Allgemein gebräuchliche Kategoriesysteme anhand derer Gewaltdarstellungen in Computerspielen systematisiert werden, gibt es derzeit nicht. Bsp: Ratingsystem für Gewaltdarstellungen in Video- und Computerspielen (nach Smith):

  • Bleibt ein Gewaltakt im Spielverlauf ohne Konsequenzen? Wir er bestraft oder gar belohnt?
  • Sind Verletzungen und Schmerzen bei den Opfern des Gewaltaktes sichtbar?
  • Sind Gewalttäter und Opfer menschliche Figuren und Fantasiegestalten
  • Inwieweit präsentiert die grafische Darstellung Blut und sonstige Bluteffekte?

Die Gesellschaftlich akzeptierten Formen der Gewalt (Sport, Wettkampf) in der Mehrheit der S als spannungssteigerndes Element anzutreffen ist. Diese Form der virtuellen Gewalt ist zu trennen von den exzessiven Gewaltdarstellungen, deren Splattereffekte (= Spritzeffekte) oder Realitätsnähe vielmehr Macht und Herrschaft demonstrieren, nicht selten vermischt mit realer fragwürdiger Propaganda. Auf dem deutschen Markt sind solche Spiele nicht erhältlich.

Für die Belange der Computerspieler ist nicht die FSK zuständig sondern die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK). Zweck: Gewaltdarstellungen in Spielen zu klassifizieren und eine Altersfreigabe auszusprechen.

Wie wirken gewalthaltige Computerspielen? (Theoretische Überlegungen)

Durch die Schulmassaker wurde die Sorge um den Transfer gewalthaltiger Medieninhalte in die Wirklichkeit verstärkt. Mit Transfer ist gemeint, in welcher Weise das in einer Situation (zB. CS) Gelernte auf andere Situationen (zB reale Welt) übertragen wird. Der Begriff des Transfers beschreibt den komplexen Austauschprozess zwischen Spiel und Spieler einerseits und zwischen virtueller Welt  und den anderen Welten andererseits.

Es stellt sich die Frage:

Unter welchen Bedingungen der Transfer von Gewaltdarstellungen in den Medien in eine Aggressionsbereitschaft und dann in wirkliche aggressive Handlungen bei den Rezipienten vonstatten geht? Ansicht in der Öffentlichkeit:
 Die Amokläufer wären ohne Zugang zu Computerspielen niemals auf die Idee gekommen, Menschen zu töten. In der wissenschaftlichen Diskussion herrscht aber überwiegend folgende Auffassung: Den Amokläufern hat niemand zugehört. Die Schüler sind keine passiven Opfer der Computerspieler, sondern sie sind aktiv handelnde Individuen.
„Man muss ein Geflecht von verschiedenen Verstärkern und Ursachenfolgen betrachten. Wenn in diesem Feld dramatische Missverhältnisse entstehen, kommt es zum Amoklauf“ (vgl. SALISCH S. 84)

Welche Risikofaktoren gibt es? (vgl. SALISCH S.84)

  • Akute und chronische Ablehnung von Gleichaltrigen
  • Interesse an Waffen
  • Faszination von Satanismus und Tod
  • Psychische Auffälligkeiten wie Depression, mangelnde Impulskontrolle und sadistische Veranlagung

Die Amokläufer sind fast ausschließlich männlich und ein hoher Anteil hat Verbindung zu „Waffen tragenden“ Berufen oder Bezügen zu Waffen.

Andrer Risikofaktoren:

  • Intensive destruktive Phantasien
  • Persönliche Kränkungen
  • Versagensangst
  • Kontrollrückgewinnung
  • Vernachlässigung sozialer Beziehungen

Aber auch ungleiche Bildungschancen, Legitimation von Gewalt im Alltag, die sensationsgierige Berichterstattung in den Medien sind negative Faktoren.

Warum faszinieren Computerspiele?

In Computerspielen darf man all das machen, was in der Realität verboten ist. Mit überhöhter Geschwindigkeit durch die Stadt fahren. Man kann die Welt retten oder in die Rolle eines mächtigen Charakters schlüpfen, der über übernatürliche Fähigkeiten verfügt und sich von nichts und niemand aufhalten lässt. Computerspiele sind die Fortsetzung von Tagträumen nur mit anderen Mitteln (Computer). Tagträume heben uns aus der Realität heraus, da wir ein völlig anderer sein können. Jungs haben oft heroische, romantische Tagträume.

Gerade die extrem gewalthaltigen und damit verbotenen Spiele reizen die Jugendlichen (Reiz des Verbotenen).  Medien für Kinder, die als „kindgerecht“ deklariert werden (Kinderfilme/Kinderspiele) werden von den Kindern häufig schon im Voraus abgelehnt, da sie sich in ihrem erwachsenen Selbstverständnis herabgestuft fühlen (fühlen sich als Kind/Kleinkind behandelt).

Kinder leiben das Exzessive, sie sind von Natur aus maßlos und gehen an ihre Grenzen.

Fazit

Damit steht also folgendes fest: Eltern müssen anfangen, sich mit den Bedürfnissen ihrer Kinder sowie deren Zeitvertreib am PC zu widmen. Kinder sollen zu Selbstständigkeit erzogen werden, was außer Frage steht. Dennoch ist für für die Erziehungsberechtigten wichtig, ein Auge auf die Entwicklung ihrer Kinder zu haben und diese nicht „unbeobachtet“ im Internet surfen zu lassen, beziehungsweise Computerspiele mit gewalthaltigem oder gewaltverherrlichendem Inhalt spielen zu lassen. Das hat nichts mit Kontrolle zu tun. Im Gegenteil! In erster Linie dient dies dem Schutz der Kinder.

Einfach haben es Eltern der heutigen Zeit, da sie sich einfach im Internet informieren können. Eine mögliche Anlaufstelle wäre klicksafe.de. Hier werden nicht nur Hilfestellungen run um die Computerspiele geboten, sondern auch Hilfen für alle so genannten „Web 2.0“ Anwendungen. Außerdem können sich Eltern auch immer an die Lehrer ihrer Kindern wenden. Diese wissen meist mehr über solche Dinge Bescheid als die Eltern es meinen.

Literatur:

  • Von Salisch, M.; Kristen, A.; Oppl, C. (2007): Computerspiele mit und ohne Gewalt: Auswahl und Wirkung bei Kindern, 1. Auflage 2007. Stuttgart: Kohlhammer
  • Feibel, T. (2004): Killerspiele im Kinderzimmer: Was wir über Computer und Gewalt wissen müssen. Düsseldorf;Zürich: Walter;Patmos