„Was schon wieder Ferien?!?… Lehrer sollte man sein!“

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Es ist die allgemein verbreitete Meinung: Lehrer haben einen Halbtagsjob und durchschnittlich alle 6 Wochen Ferien. Ferien… Das heißt Urlaub. Oder etwa doch nicht?

Es ist nicht zu bestreiten, dass Lehrer die gleichen Ferien genießen wie ihre Schüler. Dennoch stehen auch den Lehrern die gleiche Menge Urlaubstage wie anderen Arbeitnehmern zu. Dies wissen jedoch die wenigsten Bundesbürger.

Lehrer verrichten ihren Hauptteil der Arbeitszeit in der Schule und während der Schulzeit. Doch wo sind hier die Grenzen? Jeder Elternabend, jede Klassenfahrt, jeder Schulausflug muss geplant und durchgeführt werden. Was dabei immer in Vergessenheit gerät: Die Lehrer haben auch eine vorgegebene Stundenzahl, anhand derer sich ihre Besoldung bemisst. Elternabende und sonstige Sonderveranstaltungen, die über einen regulären Unterrichts- beziehungsweise Schulalltag hinausreichen werden oft verkannt und von der breiten Masse oft großzügig ignoriert. Aus eigener Erfahrung kann ich von Sprüchen berichten wie

„Ja aber das gehört halt zum Job.“

oder

„Sie müssen das machen. Das haben Sie doch gewusst.“

Merkwürdiger weise sind die Reaktionen auf die Frage, was die betreffende Person machen würde wenn ihr eigener Arbeitgeber plötzlich sagt, dass diese und jene Arbeit auch noch zu erledigen ist, diese aber am Abend und nach Dienstschluss stattfindet und keine Überstunden aufgeschrieben werden dürfen, sehr einfallslos:

„Das ist etwas völlig anderes!“

Nein, ist es nicht! Kein Arbeitnehmer in der freien Wirtschaft wäre bereit, in seinem Feierabend etwas für den Betrieb zu arbeiten und das auch noch ohne jeglichen Ausgleich. Eltern vernachlässigen oft auch die vielen Sitzungen und Konferenzen, die in Teilen sogar wöchentlich stattfinden müssen, da das Arbeitspensum angestiegen ist.

Wer einen Lehrer nachmittags bei Freizeitaktivitäten im Schwimmbad, am Badesee oder auf dem Fahrrad trifft, der verkennt oft, dass diese dann am Abend nochmals am Schreibtisch sitzen und Arbeiten korrigieren, Unterricht planen oder doch noch ein Telefonat einer besorgten Mutter entgegennimmt, die nach 21 Uhr noch wegen des letzten Vokabeltests ein dringendes einstündiges Gespräch braucht. Das ist tatsächlich Alltag im Leben eines Lehrers. Morgens recht und Mittags frei… Von wegen! Viele Lehrer können darüber nur schmunzeln.

Doch was machen die Lehrer in den Ferien? Dass Lehrer in den Ferien auch Zeit haben zur Ruhe zu kommen und auch einmal in Urlaub zu fahren ist ebenfalls nicht von der Hand zu weisen. Dennoch: Ferienzeit ist für viele Lehrer auch Arbeitszeit. Zwar nicht in der Schule, aber zu Hause am Schreibtisch, wo Unterricht vorgeplant, nachbereitet und Arbeitsmaterial erstellt wird oder sogar der Zielort des nächsten Klassenausflugs erkundet wird.

Viele Kollegen nutzen die Zeit, um ihre Arbeitszimmer auf Vordermann zu bringen, Material zu sortieren und zu archivieren. Jedes Schuljahr fallen unzählige neue Arbeitsblätter an, die es zu erhalten gilt. Dies sind Dinge, die Lehrer während der Unterrichtszeit gar nicht schaffen.

Fortbildungen werden immer häufiger auch in den Ferien genommen, da der Ausfall von Unterricht nicht immer tragbar ist und der Druck der Eltern, dass den Kindern zu viel Unterricht ausfällt und Stoff fehlt immer größer wird.

Komischer Weise hört man als Lehrer die „beneidenswerten“ Bekundungen seiner Mitmenschen immer nur während der Ferientage, nicht aber während der Schulzeit. Warum will denn da keiner plötzlich Lehrer sein? Warum setzt sich niemand der Situation eines Lehrers in der Schule aus? Die Antwort: Unwissen und Stammtischparolen.

Wer derartige Reden schwingt, der soll sich doch erstmal schlau machen, bevor er einer ganzen Berufsgruppe zu unrecht „Faulheit“ unterstellt.